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Die Polycythaemia vera – kurz PV – ist eine seltene Erkrankung des Blutes, die die Blutstammzellen im Knochenmark betrifft. Das Knochenmark füllt das Innere größerer Knochen aus. Die in ihm enthaltenen Blutstammzellen sind für die kontinuierliche Produktion von Blutzellen verantwortlich, die dann ins Blut freigesetzt werden. Dieser Prozess der Blutneubildung ist bei gesunden Menschen streng reguliert und an den Bedarf des Körpers angepasst.1

Bei der Polycythaemia vera gerät die Blutneubildung aus dem Gleichgewicht. Das Knochenmark produziert zu viele Blutzellen, insbesondere rote Blutkörperchen. Diese werden ins Blut abgegeben, welches in der Folge verdickt – es wird zähflüssiger. Das hat verschiedene gesundheitliche Komplikationen für die Betroffenen zur Folge.2

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Ein älterer Mann schaut nachdenklich in die Ferne.
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Der Name der Polycythaemia vera setzt sich aus mehreren Begriffen zusammen. „Poly“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet „viel“. „cyt“ lässt sich mit „Zelle“ übersetzen, während „haem“ so viel wie „das Blut betreffend“ meint. „Vera“ entstammt dem Lateinischen und bedeutet in etwa „wahr“ oder „echt“. Der Name geht also auf das Hauptmerkmal der Erkrankung zurück: (zu) viele Blutzellen. Das lateinische „vera“ in ihrem Namen verdankt die Erkrankung dem französischen Arzt Henri Vaquez, der sie vor etwa 130 Jahren so von anderen Formen der Polyzythämie – also Erkrankungen, die mit zu vielen Blutzellen einhergehen – abgrenzte.

Auslöser der Polycythaemia vera: Veränderungen im JAK2-Gen

Bislang gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, ob äußere Einflüsse oder Lebensumstände die Entstehung einer Polycythaemia vera begünstigen.3 Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass nahezu bei allen Patientinnen und Patienten eine charakteristische Veränderung im Erbgut von Blutstammzellen vorliegt – eine sogenannte Mutation.4

Als Gen bezeichnen Fachleute einen bestimmten Abschnitt des Erbguts, das jede Körperzelle in sich trägt – die sogenannte DNA. Die Gene enthalten den Bauplan für Eiweiße (Proteine), die als wesentlicher Bestandteil jeder Zelle eine bedeutende Rolle in allen Prozessen des Körpers einnehmen.

Ist ein Gen verändert – liegt also eine Mutation vor – kann das den Bauplan des entsprechenden Proteins verändern und Einfluss auf seine Funktion haben. Dadurch können Prozesse im Körper aus dem Gleichgewicht geraten.

Bei nahezu allen Fällen der Polycythaemia vera liegt der Erkrankung eine Mutation im JAK2-Gen zugrunde.5 JAK steht dabei für Januskinase. Das JAK2-Gen enthält den Bauplan für ein gleichnamiges Protein, das maßgeblich an einer Reihe von wichtigen Prozessen in Blutstammzellen beteiligt ist. Unter anderem reguliert das JAK2-Protein die Lebensdauer und die Teilungsrate der Blutstammzellen im Knochenmark. Es steuert somit die Vermehrung der Blutstammzellen und der aus ihnen reifenden Blutzellen.2,6,7

Das JAK2-Protein fungiert im Wesentlichen wie eine Art Schalter in der Zelle: Ist der Schalter eingeschaltet, wird die Teilung der Blutstammzellen angeregt. Ist er ausgeschaltet, wird die Produktion neuer Zellen heruntergefahren. Die Schalter-Funktion wird dabei streng reguliert, um die Blutzellbildung an den Bedarf des Körpers anzupassen.7,8

Gesunder Mensch: Normale JAK-Funktion

Grafik eines Schalters mit der Beschriftung „JAK“. Der Schalter wechselt zwischen „aus“ und „ein“ und führt zu einer normalen Produktion von Blutzellen.
Novartis

Polycythaemia vera: JAK-Überaktivierung

Grafik eines Schalters mit der Beschriftung „JAK“. Der Schalter ist immer auf „ein“ und führt zu einer Überproduktion von Blutzellen.
Novartis

Die MPN-Patient*innentage: Mit anderen Betroffenen austauschen

Sie möchten weitere Informationen zur chronischen myeloischen Leukämie (CML) erhalten? Auf den MPN-Patient*innentagen haben Sie die Möglichkeit, an laienverständlichen Vorträgen von medizinischen Fachleuten über die Erkrankung teilzunehmen, und können mit anderen Betroffenen in den Austausch kommen. Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit der CML. Hier finden Sie weitere Informationen:

Eine ältere Frau und ein älterer Mann sitzen zusammen auf dem Sofa und lächeln in die Kamera.
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JAK2-Mutation bei PV: Die Blutzellbildung gerät außer Kontrolle

Liegt wie bei der Polycythaemia vera eine bestimmte Mutation im JAK2-Gen vor, führt das zu einer Veränderung im JAK2-Protein. In der Folge ist das JAK2-Protein übermäßig aktiv, der „Schalter“ ist dauerhaft eingeschaltet. Dadurch gerät die Vermehrung der betroffenen Blutstammzellen außer Kontrolle. Sie breiten sich zunehmend im Knochenmark aus, woraufhin zu viele Blutzellen gebildet werden. Bei der Polycythaemia vera reifen insbesondere zu viele rote Blutkörperchen heran und werden anschließend ins Blut abgeben, wo sie verschiedene Komplikationen auslösen können. 

Aber auch die anderen beiden Blutzelltypen, die weißen Blutkörperchen und die Blutplättchen, können betroffen sein.2,6,7

Das überaktive JAK2-Protein – bedingt durch die Mutation im entsprechenden Gen – ist also bei den allermeisten Patientinnen und Patienten mit Polycythaemia vera hauptverantwortlich für die vermehrte Produktion von Blutzellen. Da die JAK2-Mutation die Entstehung der Polycythaemia vera maßgeblich vorantreibt, sprechen Fachleute auch von einer Treibermutation. Zusätzlich zur JAK2-Mutation können weitere Mutationen auftreten.2

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft ist die der Polycythaemia vera zugrundeliegende JAK2-Mutation erworben, sie entwickelt sich also im Laufe des Lebens. Damit geben Betroffene sie nicht an ihre Nachkommen weiter, weshalb die Polycythaemia vera als nicht vererbbar gilt.3

Schematische Darstellung eines DNA-Strangs.
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Die JAK2-Mutation tritt nicht ausschließlich bei der Polycythaemia vera auf. Die PV wird einer Gruppe von Bluterkrankungen, den sogenannten myeloproliferativen Neoplasien (MPN) zugeordnet. Auch anderen Erkrankungen dieser Gruppe, etwa der Myelofibrose oder der essentiellen Thrombozythämie, kann eine ursächliche JAK2-Mutation zugrunde liegen. Dort ist sie jedoch seltener und nicht bei fast allen Patientinnen und Patienten vorzufinden, wie es bei der Polycythaemia vera der Fall ist.2

Die Therapie der PV setzt gezielt beim JAK2-Protein an

Eine wesentliche Maßnahme zur Behandlung der Polycythaemia vera umfasst den Einsatz zielgerichteter Medikamente, die direkt an den überaktiven JAK2-Proteinen in den Blutstammzellen ansetzen. Sogenannte JAK-Inhibitoren (oder JAK-Hemmer) wirken der übermäßigen JAK2-Aktivität entgegen und können so das Wachstum der entsprechenden Zellen bremsen.2

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Eine älteren Frau und ein älterer Mann lächeln in die Kamera.
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MPN-Patiententage

Sie leben mit einer myeloproliferativen Neoplasie? Auf den MPN-Patiententagen können Sie sich mit Fachleuten und anderen Betroffenen austauschen.

Junge Frau schaut durch eine Papierrolle in die Kamera.
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PV-Symptome

Die Symptome einer Polycythaemia vera sind vielfältig. Erfahren Sie hier, welche besonders häufig vorkommen und wieso es wichtig ist, die Symptome im Blick zu behalten.

Ein älterer Mann und ein Arzt sitzen an einem Tisch.
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PV-Diagnose 

Um die Polycythaemia vera zu diagnostizieren, ist eine Reihe von Untersuchungen notwendig – vor allem von Blut- und Knochenmarkzellen. Erfahren Sie mehr.

Quellen:

  1. BJ Madhumita, Zon LI. Development. 2013;140(12):2463-2467.
  2. Lengfelder E, Baerlocher GM, Döhner K et al. Polycythaemia vera (PV). Onkopedia-Leitlinie. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/polycythaemia-vera-pv/@@guideline/html/index.html (letzter Aufruf am 09.09.2024)
  3. mpn-netzwerk e. V.: Polycythaemia vera (PV) verstehen. https://www.mpn-netzwerk.de/mpn-verstehen/polycythaemia-vera/ (letzter Aufruf am 09.09.2024)
  4. Spivak JL. Current Treatment Options in Oncology. 2018;19(12).
  5. Bose P, Verstovsek S. Ther Adv Hematol. 2019;10: 2040620719870052.
  6. Lu X, Chang R. (2023). Polycythemia Vera. In StatPearls. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK557660/ (letzter Aufruf am 09.09.2024)
  7. mpn-netzwerk e. V.: Polycythaemia vera – Antworten auf häufig gestellte Fragen. https://www.mpn-netzwerk.de/wp-content/uploads/2023/05/PV_Broschuere_2023.pdf (letzter Aufruf am 09.09.2024)
  8. Babon JJ, Lucet IS, Murphy JM et al. Biochem J. 2014;462(1):1-13.