Die akute lymphatische Leukämie, manchmal auch als akute lymphoblastische Leukämie bezeichnet, ist eine Form von Blutkrebs, also eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems. Der Ursprung der Erkrankung liegt im Knochenmark, dem Gewebe im Inneren der Knochen. Dort befinden sich die Stammzellen, aus denen normalerweise in kontrolliertem Maße neue Blutzellen entstehen.1
Der Begriff Leukämie entstammt dem Griechischen und bedeutet so viel wie „weißes Blut“. Er geht darauf zurück, dass sich bei Leukämien die weißen Blutkörperchen übermäßig vermehren und ihr Anteil im Blut erheblich erhöht ist.
„Akut“ heißt dabei, dass die Erkrankung sich rasch entwickelt und voranschreitet. „Lymphatisch“ beziehungsweise „lymphoblastisch“ bezieht sich auf den konkreten Zelltyp, der betroffen ist: Bei der ALL kommt es zur unkontrollierten Vermehrung einer bestimmten Gruppe von weißen Blutkörperchen – der Lymphozyten – beziehungsweise der Vorläuferzellen, aus denen sie entstehen (Lymphoblasten).1,2
Blutzellen reifen aus den Blutstammzellen heran
Im Knochenmark findet die sogenannte Hämatopoese statt, der Prozess der Blutbildung. Aus den Blutstammzellen im Knochenmark reifen die verschiedenen Blutzelltypen und werden im Anschluss ins Blut entlassen, um dort ihre jeweilige Funktion auszuüben.
Die Medizin unterscheidet drei grundlegende Typen von reifen Blutzellen:
- Blutplättchen (Thrombozyten)
- Rote Blutkörperchen (Erythrozyten)
- Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
Die Stammzellen reifen nicht direkt zu den entsprechenden Blutzellen, sondern durchlaufen verschiedene Entwicklungsstufen während des Reifungsprozesses.3
Vereinfachte Darstellung der Hämatopoese (Blutzellbildung): Aus den ursprünglichen Blutstammzellen entwickeln sich durch aufeinanderfolgende Reifungsschritte schließlich die verschiedenen Blutzellen. Nur die wichtigsten Entwicklungsstufen der Hämatopoese sind hier aufgeführt, die Vorläuferzellen durchlaufen weitere Zwischenstufen entlang der gestrichelten Pfeile, bevor sie zu einer funktionellen Blutzelle ausreifen.
ALL: Wenn die Blutbildung außer Kontrolle gerät
Bei der ALL sind die sogenannten Lymphoblasten betroffen. Sie befinden sich im Knochenmark und sind Vorläuferzellen – aus ihnen reifen normalerweise die B- und T-Lymphozyten. Die Hauptaufgabe gesunder Lymphozyten ist die Erkennung und Abwehr von Fremdstoffen im Blut, beispielsweise Viren oder Bakterien.
Im Rahmen der ALL können einige Lymphoblasten aufgrund von Veränderungen in ihrem Erbgut nicht mehr wie gewohnt zu gesunden Lymphozyten ausreifen. Die entarteten Lymphoblasten – die Leukämiezellen – vermehren sich rasch und unkontrolliert im Knochenmark und verdrängen zunehmend die normale Blutbildung. Infolgedessen können gesunde Blutzellen nur noch unzureichend gebildet werden.1
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Die ALL ist eine bösartige Systemerkrankung: Sie ist nicht auf eine Stelle begrenzt, sondern kann grundsätzlich vom Knochenmark ausgehend weitere Organe befallen. Die Leukämiezellen werden vom Knochenmark ins Blut gespült. Darüber hinaus können sie sich in anderen Bestandteilen des lymphatischen Systems wie Lymphknoten und Milz ausbreiten, aber auch alle weiteren Organe wie beispielsweise Leber, Haut und zentrales Nervensystem besiedeln.4,5
Die ALL ist eine schwere Erkrankung
Die übermäßige und schnelle Vermehrung unreifer Lymphoblasten bei der ALL hat schwerwiegende Komplikationen zur Folge, die sich innerhalb von Tagen entwickeln können.6 Bleibt die ALL unbehandelt, würden sich die Leukämiezellen ungehindert im Körper ausbreiten und schwere Schädigungen hervorrufen, die innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten zum Tode führen.5 Eine umgehende Behandlung ist daher von großer Bedeutung.
Die ALL tritt vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf
Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 850 bis 1.000 Menschen an einer ALL.4,7 Zwar können grundsätzlich Menschen jeden Alters betroffen sein, jedoch tritt die ALL vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf. Ein Viertel aller Krebserkrankungen in dieser Altersgruppe geht auf die ALL zurück, sie ist damit die häufigste Krebserkrankung im Kindesalter.6,8 Am häufigsten betroffen sind Kinder zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr. Jungen erkranken etwas öfter als Mädchen.6 Sechs von zehn ALL-Erkrankungen treten vor dem 20. Lebensjahr auf.9
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Die ALL hat verschiedene Ausprägungsformen
ALL werden anhand bestimmter Merkmale der Leukämiezellen in verschiedene Unterformen unterteilt. Die Klassifikation der ALL-Subtypen ist wichtig, da sie sich zum Teil wesentlich unterscheiden hinsichtlich Verlauf und Prognose. Diese Unterschiede finden bei der Wahl der Behandlungsstrategie Berücksichtigung.1 Grundlegend werden zwei Hauptgruppen der ALL unterschieden:
- Die B-Zell-ALL (auch B-ALL) geht von Vorläuferzellen der B-Lymphozyten aus. Sie macht mit 75 bis 85 Prozent den Großteil aller ALL-Erkrankungen aus.
- Die T-Zell-ALL (auch T-ALL) hingegen entsteht aus Vorläuferzellen der T-Lymphozyten. Sie tritt in etwa 15 bis 25 Prozent aller ALL auf und ist damit bedeutend seltener als die B-Zell-ALL.4,8
Je nachdem, wie weit die entarteten Vorläuferzellen (Lymphoblasten) schon zu B- oder T-Lymphozyten ausgereift sind – Fachleute sprechen vom sogenannten Differenzierungsgrad –, können die zwei Hauptgruppen weiter unterteilt werden:
B-Zell-ALL (nach zunehmendem Differenzierungsgrad):
- Pro-B-ALL
- Common B-ALL
- Prä-B-ALL
- Reifzellige B-ALL (auch Burkitt-Leukämie)
T-Zell-ALL (nach zunehmendem Differenzierungsgrad):
- Pro-T-ALL
- Prä-T-ALL
- Kortikale (thymische) ALL
- Reifzellige T-ALL
Die Zuordnung einer ALL zu einem bestimmten Subtyp erfolgt, indem bestimmte charakteristische Eiweiße (Proteine) auf der Oberfläche der Leukämiezellen untersucht werden. Dieses Verfahren wird auch als Immunphänotypisierung bezeichnet.1,4
Eine noch genauere Charakterisierung der Leukämiezellen und damit eine noch feinere Unterteilung in bestimmte ALL-Subtypen kann anhand der genetischen Merkmale der Leukämiezellen erfolgen.1
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ALL – Symptome
Hier erhalten Sie eine Übersicht über die Symptome der akuten lymphatischen Leukämie (ALL), die auf die Ausbreitung der Leukämiezellen im Körper zurückgehen.
Quellen:
- Yiallouros M. Akute lymphoblastische Leukämie (ALL) – Kurzinformation (Stand 23.01.2024) Kinderkrebsinfo. https://dx.doi.org/10.1591/poh.patinfo.all.kurz (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Bundesministerium für Gesundheit: Akute lymphatische Leukämie bei Erwachsenen. https://gesund.bund.de/akute-lymphatische-leukaemie-all (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Amboss: Knochenmark und Blutbildung. https://www.amboss.com/de/wissen/knochenmark-und-blutbildung/ (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Gökbuget N, Baldus C, Brüggemann M et al. Akute Lymphatische Leukämie (ALL). Onkopedia Leitlinie (Stand Mai 2022). https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/akute-lymphatische-leukaemie-all/@@guideline/html/index.html (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Cancer Research UK: What is acute lymphoblastic leukaemia (ALL)? https://www.cancerresearchuk.org/about-cancer/acute-lymphoblastic-leukaemia-all/about (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Gökbuget N, Hoelzer D. (2014). Akute lymphatische Leukämie. Springer Medizin. https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/dgim-innere-medizin/akute-lymphatische-leukaemie?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-54676-1_467 (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Robert Koch-Institut (Zentrum für Krebsregisterdaten): Krebs in Deutschland für 2017/2018. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2021/kid_2021_c91_c95_leukaemien.pdf?__blob=publicationFile (letzter Aufruf am 17.04.2024)
- Bhojwani D, Yang JJ, Pui CH. (2015). Biology of childhood acute lymphoblastic leukemia. Pediatr Clin North Am. 62(1): 47-60. doi: 10.1016/j.pcl.2014.09.004
- Malard F, Mohty M. (2020). Akute lymphoblastic leukaemia. The Lancet. 395(0230): 1146-1162. doi: 10.1016/S0140-6736(19)33018-1